Die einzig wahre Geschichte über den Verlauf der Entstehung der Blue Box
d.n.
16:12h
Die einzig wahre Geschichte über den Verlauf der Entstehung der Blue Box Zur Situation: Es ist das Jahr 1983. Die neue deutsche Welle schlägt über Wien zusammen. Viele kleine Gruppen wachsen aus dem Boden und spielen Musik, besser gesagt: sie spielen die Musik, die der Gage angemessen ist. Wenig Tonfolgen, wenig Text, schlecht geprobt und die Musiker sind nicht wirklich begabt. Es gibt die Gassergasse. Das U4 lässt noch heimische Gruppen auf die Bühne, es gibt noch keine Clubbings und viel zu wenig Lokale für Jugendliche. Der Film Malaria ist gerade abgedreht, in der Burggasse gibt es das Lokal LM, in der Schleifmühlgasse das winzigkleine Lokal „Flieger“ und am Ring das Ring. Das Europa heißt noch Tempo und das Amerlinghaus dümpelt auch so vor sich hin. Der gute Friess lässt sich ebenfalls ab und zu drauf ein, Wiener Lokalbands auftreten zu lassen, wenn sie ihm mindestens eine Kiste Doppler abkaufen. Die folgenden Tagebuchaufzeichnungen entsprechen der Wahrheit und nichts als der Wahrheit: Jänner 1983: Ich weiß nicht, was ich machen soll. Jetzt hab ich das viele Geld geerbt und mir fällt nichts ein, was ich damit anfangen könnte. Ob ich eine Wollstube aufmachen sollte? Die Frau, bei mir unten am Eck in ihrem „Wollkörbchen“ schaut so glücklich aus. Othmar, mein Mann, ist es egal was WIR machen.
3 Wochen später: Ich habe eine Super-Idee: ich schaffe mir einen eigenen Arbeitsplatz. Ich mache ein Lokal auf. Othmar findet die Idee gar nicht so schlecht.
1 Woche später: Wir fahren mit einem Moped auf Lokalsuche. Wir reden viel darüber. Ich hätte gern so eines, wie die italienischen Bars, mit viel Chrom und Kaffeemaschine. Mit kleinen Häppies und Tramezzinis mit Champignonaufstrich und Tomaten, mit Ei und Artischocken, und…. Ich glaube ich hab Hunger und gehe jetzt was essen.
1 Woche später: Ich habe irgendwie Befürchtungen. So ganz allein mit Othmar ein Lokal—ist mir irgendwie zu riskant. Ich kenne ihn ja kaum. Ja, okay, wir haben geheiratet, aber das ist etwas anderes. Wir hätten ebenso gut essen gehen können. Ich rede mal mit Wolfi über die Idee. Vielleicht macht der auch mit.
3 Tage danach: Wolfi mag nicht mitmachen. Er will Musiker werden und berühmt. Aber er kennt Herbie und Rudi, die spielen beide zusammen bei den „bunten Autos“. Angeblich kenne ich sie. Kann mich aber nicht erinnern. Herbie und Rudi wollen auch ein Lokal aufmachen. Also, warum nicht zu viert?
2 Tage später: Heute haben Othmar und ich das Lokal gefunden und gleich den Mietvertrag gemacht. Es liegt gut. Genau nach Amerlinghaus und Tempo. Da können die Leute so richtig von einem Lokal ins andere fallen. Beim Mietvertrag haben wir gleich ausgemacht, dass es ein Kaffeehaus wird. Hat ja doch Vorteile, wenn man verheiratet ist. Das klingt so nach Existenzgründung.
2 Tage danach: Heute treffe ich Herbie und Rudi. Das ging ja schnell. Bin gespannt. Rudi soll ein ganz toller Mensch sein. Er war ein Jahr in Amerika. Herbie soll vorher einen Plattenladen gehabt haben. Naja. Mal sehen.
Abends: Das Treffen war irgendwie komisch. Rudi ist eigenartig. Er weiß glaube ich nicht wirklich was er will, nur er will auf keinem Fall, das was wir wollen. Herbie ist das egal, er will glaube ich nur eine Lokalität, wo er laut Musik machen kann. Ich habe hin und wieder durchblicken lassen, dass ich die Idee mit der Wollstube noch nicht ganz fallengelassen habe. Das war ein taktischer Zug, die sollen nur nicht glauben, dass es für mich schon fix ist, dass wir zusammen etwas machen.
2 Tage später: Rudi fragt sich, ob die Wahl des Lokals richtig war. Herbie ist es egal. Wir sind im Lokal gestanden und haben einmal allgemein geredet, wie es werden könnte. Rudi kennt irgendeinen Innenarchitekten, der ihm vielleicht ein paar Tipps geben kann.
3 Tage danach: Es wird immer klarer, dass wir das Lokal zusammen machen. Wir haben keine Konzession. Ich könnte meine Freundin Gerlinde fragen, ob sie ihre herborgt. Herbie meint dazu müsse man eine Ges.m.b.H. gründen. Was ist das?????
2 Tage danach: Heut haben wir uns über die Beteiligungsverhältnisse unterhalten. Es soll alles gerecht auf 4 aufgeteilt werden. Niemand will Geschäftsführer sein. Othmar wird Geschäftsführer. Das steht ihm gut. Wir anderen sind Prokuristen. Klingt auch nicht schlecht. Wir haben uns auf den Namen von Herbie geeinigt, weil sein Familienname am hübschesten klingt. Vielleicht schaff ich es ja doch noch ein Eisgeschäft durchzuboxen- mit dem tollen Firmennamen: Molin Ges.m.b.H. Wir müssen demnächst zu einem Steuerberater um einen Gesellschaftsvertrag zu machen.
2 Tage danach: Rudi weiß nicht so recht, was in dem Gesellschaftsvertrag stehen soll. Herbie ist es egal. Wir lassen so komische Dinge reinschreiben, was passiert, wenn wer aussteigen will, oder wer dazukommt. Der Steuerberater will auch einen Passus reinnehmen, was passiert, wenn jemand mit mir vögelt. Er meint, das käme in anderen Firmen öfter vor, als man glaubt und es sei gut, wenn man da vertraglich abgesichert ist. Irgendwie haben wir uns alle gegenseitig angewidert angeschaut. Ob das das richtige Vertrauensverhältnis für die Zukunft ist? Und warum schaut mich Othmar auch angewidert an? Muss mal über unsere Ehe nachdenken.
Es ist Ende Februar: Wir haben das Lokal jetzt 3 Wochen und noch keinen Handgriff drin getan. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo ich anfangen sollte. Othmar meint, man müsse Pläne machen und sitzt den ganzen Tag vorm Schreibtisch. Rudi meint man solle drüber reden, bevor man Pläne macht. Ich will gerne über den Namen des Lokals reden. Herbei meint, dass noch genug Zeit bleibt über den Namen zu diskutieren. Herbie und Rudi wollen alles selber renovieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herbie außer den „Play-Knopf“ bei der Anlage zu drücken auch nur irgendetwas selber machen kann. Othmar meint, dass man vorher Pläne machen soll. Als wir gestern im Ring waren, haben wir heimlich die Höhe der Theke abgemessen. In meinem Lokal hätte ich sie gern etwas niedriger. Ich finde, auf kleine Menschen sollte auch Rücksicht genommen werden. Ich hätte gern auch so einen schäumenden Seifenspender. Eigentlich ist das der einzige Grund, warum ich gern ein Lokal hätte. Morgen mach ich mich auf die Suche.
2 Tage später: bei der gestrigen Besprechung habe ich über den schäumenden Seifenspender gesprochen. Rudi meint, dass dieses Thema noch nicht abdiskutiert ist. Er will keinen, und wenn ich einen will, muss ich ihn aus meiner eigenen Tasche bezahlen. Herbie ist das egal. Weiters haben wir die Kompetenzen verteilt. Othmar zeichnet Pläne. Herbie tut nichts, weil seine Mutter schon sehr alt ist. Rudi wird mit ein paar Freunden reden, die schon selber ein Lokal haben. Ich soll den Rest erledigen. Habe keine Ahnung womit ich beginnen soll.
3. März 1983 Othmar säuft. Ich war heute bei der Firma Meinl wegen dem Kaffee. Irgendwie hängen die Kaffeefirma und die Kaffeemaschinenfirma zusammen. Sie haben mich mit 7 Kaffees betäubt. Ich musste die verschiedenen Zubereitungstechniken erkennen. Konnte es aber nicht. Ob ich im Gastgewerbe wirklich die Richtige bin? Der Mann von der Kaffeemaschinenfirma will die Maschine erst dann aufstellen, wenn das Lokal fertig ist. Schade, wir würden JETZT viel Kaffee brauchen.
2 Tage danach: Haben heute angefangen die Fensterrahmen abzubrennen. Ich hasse es, Farbe abzubrennen. Herbie ist es egal. Rudi wollte vorher noch darüber reden, was danach für Farbe draufkommen soll. Herbie meint, erst sollten wir abbrennen. Othmar hat Pläne für die Farbe gemacht. War richtig nett, der Nachmittag auf den Leitern.
Eine Woche später: Finde es inzwischen nicht mehr so nett die Nachmittage auf den Leitern zu verbringen. Es dauert länger als wir dachten. Die Fenster sind ziemlich groß. Ob wir sie verkleinern sollten? Dazu müsste man sie zumauern. Herbie sagt, er kann nicht mauern. Rudi kennt einen Polen, der ganz besonders gut mauern kann. Morgen will er nach Traiskirchen fahren um mit dem zu reden. Vielleicht wird alles anders, wenn ein Fachmann daher kommt. Othmar säuft immer noch.
Wieder eine Woche später: Die Fenster sind endlich fertig. Heute werden wir sie streichen. Zuvor müssen wir über die Farbe diskutieren. Obwohl ich gerne blau hätte, ist es mir inzwischen scheißegal, was die Fenster für eine Farbe bekommen. Othmar macht inzwischen Pläne für die Theke. Ich hätte gerne eine Wollstube. Der Pole aus Traiskirchen arbeitet hier. Rudi holt ihn täglich aus Traiskirchen ab und bringt ihn wieder nach Hause. Der Pole kostet kaum was. Er soll eine Mauer durchbrechen. Allerdings hat er eine komische Arbeitsmoral. Erst säuft er, dann isst er, dann macht er Pause, bevor er anfängt. Dann wirft er ein paar Zementbrocken aus der Wand, dann setzt er sich hin um zu pausieren. Später lässt er uns alle von der Knoblauchwurst abbeißen. Der Staub, den er produziert lässt sich auf die frisch gestrichenen Fensterrahmen nieder. Jetzt sind sie grau. Beim gemütlichen Knoblauchwurstessen ist uns ein wichtiges Thema eingefallen: die Heizung. Bis jetzt wars nicht notwendig darüber nachzudenken, weil uns immer warm war, oben auf den Leitern mit der Gaskartusche in der Hand. Ich will eine Zentralheizung. Rudi meint, dass ein Kohleofen billiger wäre. Es wäre auch kein Problem jeden Tag in der Früh einzuheizen. Die Kohlen könnten im Keller liegen und man müsste nur einmal am Tag runtersprinten und die Kohlen holen. Ich habe von ihm verlangt, dass er das erste Jahr einheizt. Wir haben uns auf Zentralheizung geeinigt. Rudi wird zu Schrottplätzen fahren um alte Radiatoren zu besorgen. Auf meine Frage, ob wir uns nicht neue leisten könnte, meinte Rudi, dass er die auf keinem Fall bezahlen werde, wenn ich neue will, dann müsse ich sie aus meiner eigenen Tasche bezahlen. Othmar hat nicht darüber diskutiert, er war vermutlich betrunken und deswegen war ihm nicht kalt. Zurzeit macht er Abluftpläne.
1.April Waren heute bei einer Schalldämmungsfirma und haben uns einen Kostenvoranschlag machen lassen. Es ist alles viel zu teuer. Jetzt haben wir uns das Material einfach so gekauft und dämmen die Wände selber. Das heißt die nächsten Wochen verbringen wir wieder auf Leitern. Nachdem eine Leiter zu kurz ist, wurde beschlossen, dass ich nicht mitmachen muss, dafür muss ich die Küche verfliesen. Ich hasse verfliesen. Martina, eine Freundin war heute da und meint, sie hätte ihr Geld woanders reingesteckt. Hat mir aber nicht verraten wo. Habe heute bei einem Therapeuten angerufen. Das Lokal macht mir Sorgen. Vielleicht nutzt eine Therapie. Ich will eine Wollstube.
4 Tage später: Rudi hat schon 4 alte Radiatoren aufgetrieben. Er ist guter Dinge auch die restlichen 12 zu besorgen.
2 Tage danach: War heute beim Therapeuten. Habe ihm meine Probleme geschildert. Er meint, da müsse ich selber durch. Werde diese Therapie abbrechen. Othmar telefoniert mit schwulen Freunden. Kann ein verheirateter Ehemann schwul sein? Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Der Name fürs Lokal, der mir vor kurzem eingefallen ist: After Aids – kommt mir jetzt nicht mehr so lustig vor. Ob Othmar hinter Rudi her ist? Irgendwie hätten wir den Passus im Gesellschafsvertrag doch reintun sollen – aber auf jedwede Form des Geschlechtsverkehrs.
1 Woche danach: Rudi hat heute die restlichen Heizkörper gebracht. Sie sind von einem Schrottplatz aus Oberösterreich. Als der Installateur – ein Freund von Rudi – dann mit dem Anschließen fertig war und das Wasser in die Heizkörper gelassen wurde, haben wir feststellen müssen, dass sie alle undicht waren. Das ganze Lokal war knöchelhoch mit Wasser bedeckt. Bei der Gelegenheit ist uns eingefallen, dass wir noch keine Versicherung abgeschlossen haben. Rudi kennt aber einen Versicherungsmakler. Er wird morgen kommen, und der Installateur-Freund wird die nächsten Tage dran arbeiten, dass wieder alles dicht wird. Vermutlich wird das genauso viel kosten, als hätten wir neue gekauft.
Mitte April: Haben heute den Eröffnungstermin festgelegt. Es soll der 1. September sein. Kommt mir sehr realistisch vor.
Ein Tag später: Die Isolierverglasung wurde heute geliefert. Als die endlich in den Fensterrahmen waren, sind wir draufgekommen, dass wir die Lüftungsausschnitte vergessen haben. Also haben wir gleich neue mit Ausschnitt bestellt.
3 Tage danach: Der Pole ist zurück nach Polen gegangen- scheinbar um sich neue Knoblauchwurst zu besorgen. Rudi hat aber noch einen anderen Freund, der ausgebildeter Maler ist.
2 Tage später: Gestern Abend ist Erwin, der Malermeister endlich damit fertig geworden sich Hütchen aus Zeitungspapier zu basteln. Heute hat er den ganzen Tag Farbe angerührt. Wir hatten eine lange Diskussion über die Farbe. Ich wollte weiß- Rudi wollte Eierschale und Herbie wollte schwarz. Erwin, der Malermeister findet uns komisch. Er lacht viel und arbeitet wenig. Er kostet 60.- Schilling in der Stunde, dafür kommt er selbst mit den Öffis.
1. Mai 1983 Rudi hat heute das erste Mal erwähnt, dass er von uns allen ein Konzept erwartet. Ich weiß nicht genau, was er von mir will. Ich dachte, wir machen ein Kaffeehaus. Wozu soll da ein Konzept gut sein? Er hat ein paar Mal das Wort „Innovation“ verwendet und „break even point“. Vielleicht hat er einen neuen Freund aus der Managerbranche. Rudi erwartet auch eine Liste mit Vorschlägen. Habe versucht eine Liste zu schreiben. Mir ist nix eingefallen außer: Melange, großes Bier und Kleiner Brauner. Habe inzwischen festgestellt, dass niemand Tramezzinis kennt und will. Irgendwie ist mir Rudi unheimlich mit seinen Wünschen.
3 Tage später: Sind heute wieder mal den ganzen Tag auf den Leitern gestanden und haben zum 2. Mal die Fenster gestrichen. Durch das neue Verglasen, war der alte Anstrich kaputt. Wenigstens waren wir an der frischen Luft. Zurzeit ist das Wetter schön. Würde gern mal wieder etwas anderes machen, als renovieren. Z.B. spazieren gehen oder so. Das mit den ewigen Besprechungen geht mir auf den Keks. Othmar säuft und ist nach wie vor schwul. Rudi verlangt viel zu viel. Herbie hat eine sehr kleine Freundin. Manchmal würd ich gern die Zeit vordrehen und schauen was in 10 Jahren ist. ob wir immer noch auf Leitern stehen und malen?
Mitte Mai: Morgen ist die erste magistratsmäßige Begehung. Was die sehen wollen ist mir unklar. Es ist eine Baustelle. Man könnte höchsten mit Kreide auf den Boden zeichnen, was wir uns vorstellen, wie wirs gern hätten, wenn wirs wüssten. Na Othmar wird das mit den Magistratsheinis schon irgendwie hinkriegen. Mit seiner Schwuchtelart kriegt er auch Männer im Anzug rum, Irgendwie scheinen mir inzwischen alle Männer latent homosexuell zu sein. Außer Rudi. Keine Ahnung ob der überhaupt eine Sexualität hat. (ging sich ja auch gar nicht aus, mit all seinen Freunden)
1 Tag danach: Rudi hat doch glatt geglaubt, dass ich diesen Beamten einen Kaffee serviere. Womit bitte? Er war etwas beleidigt, dass ich das abgelehnt habe. Aber er hat gedroht, dass das Thema: ich kochen- andere essen noch nicht abgehakt ist.
4 Tage später: Scheiße, wie peinlich. Heute wurden die Fenster mit den Lüftungsausschnitten geliefert. Und alle sind um 10 cm zu kurz. Inzwischen weiß ich auch warum. Ich (ja ICH persönlich) habe sie mit dem abgebrochenen Metermaß abgemessen- und vergessen, die 10 cm später dazuzugeben. Herbie hat herzlich gelacht. Rudi weiß noch nix davon, aber ich hoffe, dass ich aufgrund der undichten Radiatoren noch etwas gut habe.
1 Woche später: Bei der gestrigen Besprechung gings das erste Mal um die Theke. Rudi wollte noch Bedenkzeit. Schön langsam sollten wir uns auf etwas einigen, wenn wir im September aufsperren wollen. Ich hätte ja gerne eine aus Nirosta- Rudi meint, das wäre viel zu teuer. Außerdem hätte ich gern eine ganz richtige Kühlanlage. Rudi will, dass wir alle unsere alten Kühlschränke hineinstellen, denn das würde auch reichen. Othmar hat dann einen Plan mit einer gezeichneten Theke ausgebreitet. Keiner hat sich ausgekannt. Rudi hat nicht zugeben können, dass er sich nicht auskennt und hat irgendwas von „Nahtzugabe“ gemurmelt.
1. Juni: ich will auf Urlaub fahren. Rudi und Herbie haben einstimmig beschlossen, dass es keinen Urlaub gibt. Für niemanden. Ich werde trotzdem fahren. Werde einen Arbeiter aus meiner eigenen Tasche bezahlen, der inzwischen meine Arbeiten erledigt.
15. Juni: Bin wieder da. Herbie war auch auf Urlaub – hat aber niemanden etwas davon gesagt. Rudi hat ein Abszess mitten im Gesicht. Ich müsste lügen, wenn ich jetzt behaupten würde, dass ich mich nicht darüber gefreut habe. Musste heute mal die Baustelle säubern und die Arbeitsgeräte ordnen. Rudi will, dass ich das jetzt jeden Tag mache.
3 Tage später: Es ist heiß. Die Lüftung funktioniert nicht. Wir haben die Zwischendecke wieder aufschneiden müssen, weil wir die Elektrokabel vergessen haben. Ist uns bis jetzt noch nie aufgefallen, weil wir noch nie im Dunklen gearbeitet haben. Othmar ist also in der Zwischendecke herumgekrabbelt und Rudi hat von unten gute Ratschläge gegeben. Wir werden eine neue Zuleitung beantragen müssen. Außerdem werden wir- damit wir schneller den Gewerbestrom kriegen, die Schulden vom Vormieter bezahlen. Rudi ist gerast. Er ist dann nach Hause gegangen um nachzudenken ob er einen Freund bei den Stadtwerken hat.
1 Woche später. Waren heute in einem Hi-Fi-Geschäft. Alle zusammen. Das war richtig schön. So einträchtig. Der Verkäufer war lustig und ein Freund vom Herbie. Er hat einen riesigen Receiver hervorgeholt und ständig davon geredet, dass das ein „kleines Kraftwerk“ sei. Wenn der wüsste, wies um unseren Strom steht würde er nicht so reden. Herbie will dann seinen alten Kassettenrecorder dazustellen. Dann müssen wir nur noch Boxen kaufen. Werden wohl wieder die Zwischendecke anbohren müssen um die Boxen zu montieren.
1. Juli Es gibt immer noch Meinungsverschiedenheiten wegen der Theke. Othmar hat das Lokal-. so wie er es sich vorstellt in Miniatur gebastelt. Das ist richtig süß. So kleine Tischchen und Stühlchen. Rudi hätte gern, dass jeder so ein kleines Lokal baut. Er selbst weiß allerdings nicht, wie er es gern hätte, deswegen baut er keines. Ich hätte gern eine Zick-Zack-Bar. Hoffe, dass ich wen finde, der mir die Theke in mini baut.
3 Tage danach: Es ist heiß. Der Strom funktioniert immer noch nicht richtig. Dauernd hauts die Sicherungen raus. In zwei Wochen gibt’s wieder eine Begehung. Diesmal werden auch die Nachbarn geladen. Deswegen hat Rudi einen Brief geschrieben. „Liebe Leute. Wir werden hier demnächst ein Lokal eröffnen. Unsere Intention ist es, sie aus ihren Wohnungen zu vertreiben. usw usw.“ Natürlich hat er nicht diesen Wortlaut gewählt, aber übersetzt hat es genau so geklungen. Er findet diese Idee sehr gut.
1 Tag später: Die ersten Reaktionen der Nachbar. Ein älterer Mann aus dem Haus hat gedroht, dass er alles in seiner Macht stehende tun wird, damit wir gar nicht erst aufsperren. Rudi hat versucht mit ihm zu reden. Schließlich haben sich beide angebrüllt. Die Frau vom Nebenhaus hat heute bereits die Polizei gerufen, weil wir nach 18 Uhr noch gebohrt haben- War eine Super Idee das mit den Zetteln an die Nachbar.
1 Tag nach der Begehung: Es waren alle geladenen Leute da. Der Magistratsmensch hat sich gewundert, normalerweise interessiert es keinen. Der ältere Mann aus dem Haus hat im Namen von seiner Frau, seiner Kinder und Kindeskinder ein allgemeines Veto eingelegt. Unser Ansuchen um eine Barkonzession wurde also abgelehnt. Eine andere Frau- aus einem Nebenhaus- hat verlangt, dass wir eigens wegen ihr eine Wand dämmen. Wir müssen jetzt so eine Messung vornehmen, die natürlich extra kostet- in der wird „weißes Rauschen“ gemessen, das ähnlich laut wie Stühlerücken ist. Wenn die von unserem kleinen Kraftwerk wüssten würden sie nicht über Stühlerücken diskutieren.
1. August. In vier Wochen sollten wir aufsperren. Ich kanns mir nicht vorstellen. Die Theke ist noch nicht gesellschaftsvertragsmäßig abgestimmt. Wir haben auch noch keine Ahnung von der restlichen Einrichtung bzw. den Stühlen, die wir ja fürs Rücken brauchen werden. Außerdem werden wir Geschirr brauchen, und Gläser und vor allem: Getränke. Mir wird ganz mulmig.
1 Woche später. Heute haben wir einen ganz wichtigen Beschluss gefasst. Der hintere Raum soll immer wieder verändert werden. Deshalb werden wir das Lokal auch Blue Box nennen. wegen dem Blue-Box-Verfahren, das es beim Fernsehen gibt. Den ersten Raum könnten wir ja schief gestalten mit Flugzeugsitzen drin, dass man so das Gefühl hat, man würde abheben. Rudi fand den Vorschlag blöd. Er will etwas ganz anderes.
Mitte August: Wir haben beschlossen doch erst im Oktober aufzusperren. Irgendwie geht sich das alles nicht aus. Außerdem wird das Geld knapp.
Ende August: Die Bierfirma will wissen, wann sie kommen darf um die Schankanlage zu montieren. Worauf frag ich mich. Es gibt immer noch keine Theke. Othmar misst die ganze Zeit. Rudi hat mit einem Arbeitsplatzfachmann gesprochen. Angeblich gibt es so vorgeschriebene Abstände. Wie breit etwas sein muss, wenn zwei Leute aneinander vorbeigehen wollen. Manchmal denk ich, es wäre einfacher gewesen, eine Firma zu beauftragen, die sich auf so etwas spezialisiert hat.
1. September. Heute hätten wir Eröffnung gehabt. Kann mir gar nicht vorstellen, dass wir überhaupt irgendwann eröffnen. Es ist das absolute Chaos. Jeder fummelt an irgendwas rum, keiner kennt sich aus. Christian ist gekommen um den hinteren Raum zu bauen. Der Raum soll schief werden, mit Flugzeugsitzen drin. Alle waren begeistert. Angeblich kommt die Idee von einem Freund von Rudi.
Mitte September: Heute ist ein Grüppchen von Leuten gekommen, die ab jetzt die Theke bauen werden. Die sind so ein Kollektiv und ihre vorrangige Arbeit ist die Tischlerei. Es sind Freunde von Herbie. Eigentlich sind die lustig. Sie reden wenig, schrauben viel und sind dauernd bekifft.
24.September: Neuer Gesellschaftsbeschluss: Eröffnung am 1. November. Ist ein gutes Datum Da gehen die Leute gerne weg. Besser als im Sommer oder im Dezember. Wo die Leute kein Geld haben. Das Plakat zum „Interessantmachen“ ist fertig. Heute Abend gehen wir plakatieren.
2 Tage später: Sind heute draufgekommen, dass wir am Plakat vergessen haben die Adresse dazuzuschreiben. Blöde Geschichte. Rudi hat geschmollt. Herbie ist blöderweise in der Nacht mit dem Kleisterkübel und Pinsel in der Hand von der Polizei erwischt worden. Werde morgen neue Kübel kaufen müssen. Ich frag mich, was die Polizei mit so viel Kübel und Kleister anfängt. Ob die die Kübel auswaschen?
1. Oktober: Rudi hofft immer noch, dass ich der ganzen „Belegschaft“- wie er es nennt – täglich ein warmes Mittagessen koche. Er hat sogar den Campingkocher seiner Eltern deswegen hergebracht. Herbie hat allerdings die Gaskartusche zum Abbrennen verwendet. Später hat dann Christian den oberen Teil des Campingkochers für irgendeine Installation im schiefen Raum gebraucht. Rudi ist ausgezuckt. Der Traum vom warmen Mittagessen ist nun endgültig dahin.
Eine Woche später: Die Heizung funktioniert immer noch nicht. Oder schon wieder nicht? Langsam wird’s kalt herinnen. Der Strom wurde auch abgeschaltet. Ein Typ vom E-Werk – ein Freund von Rudi – wollte irgendeine Plombe montieren. Ist weggefahren und nie wieder gekommen. Die Tischlercrew hat 2 Stunden schweigend gewartet und ist dann gegangen. Christian ist hier eingezogen. Er hat eine Militärpritsche mitgebracht und wohnt im schiefen Raum. Othmar ist seit 2 Tagen bei einem schwulen Freund. Ob er ein Verhältnis mit dem Typ von den E-Werken hat? Während der Wartezeit sind wir draufgekommen, dass wir kein Geld mehr haben. Keine Ahnung wo ich eins auftreiben soll.
1 Woche später: Habe meinen alten Freund Arthur um Geld angeschnorrt. Er dealt mit Rauschgift und es dürfte recht erträglich sein. Irgendwie hat er es geschafft mit Stoff Abrunden und Geld Aufrunden zu einer Million zu kommen. Bin richtig froh, dass es so viele rauschgiftsüchtige Leute gibt. Sonst könnten wir nicht weitermachen. Rudi ist es ziemlich egal, wie ich zu dem Geld komme. Es ist mir unmöglich ihm unsere schlechte finanzielle Lage näher zubringen. Er meint ich würde zu viel essen.
2 Tage später: waren heute im Lokal „Ring“ und haben heimlich die Getränkepreise abgeschrieben. Ich habe dann- in Hinblick auf Arthur- auch einiges auf und abgerundet. Einer von den Tischlerleuten hat etwas von Kalkulation erzählt. Komisches Wort – klingt aber irgendwie unangenehm. Ich kann mir gar nicht vorstellen jetzt auch noch Getränke einzukaufen. Und vor allem wie viel? Habe vorsorglich 100 Kisten Sekt bestellt. Das kommt mir realistisch vor.
24. Oktober: Nie nie nie werden wir in 1 Woche aufsperren. Die Flugzeugsitze werden erst nach der nächsten AUA-Sitzung freigegeben. Die Oberplatte der Theke hat Lieferverzug (so nennt man das, wenn es nicht rechtzeitig kommt). Im Klo gab es eine Überschwemmung. Sämtliche Installationen sind zu schwach dimensioniert. Ein befreundeter Installateur hat gemeint, man solle alles neu aufstemmen und breitere Abflussrohre verlegen.
Ein Tag später: Neuer Gesellschaftsbeschluss. Eröffnung erst im Dezember. Diesmal sind wir realistischer und einigen uns ganz einfach auf gar kein Datum, weil wir es nicht wissen. Dezember ist ein Super-Monat um aufzusperren. Immerhin haben wir Zeit die Leute zu organisieren, die hier arbeiten werden. Wolfi wird scheinbar doch nicht so schnell berühmt und fängt hier an. Martina, eine Freundin von uns, die ihr Geld lieber woanders investiert hätte, sofern sie eins gehabt hätte, wird auch servieren. Herbies sehr kleine Freundin ist ebenfalls noch nicht berühmt geworden. Rudi meint, ich solle mit dem Schreiben aufhören, weil neben einem Lokal kann man nicht noch andere Aktivitäten haben. Er hat ja auch aufgehört Saxophon zu spielen. Mein Gegenargument, dass ich immerhin nicht im Kasten schreiben muss, um von den Nachbarn nicht gehört zu werden, wird als lächerlich abgetan.
Mitte November: Die letzte Begehung der Magistratsbeamten. Die Typen waren recht erstaunt über den schiefen Raum. Sowas haben sie noch nie gesehen. Sie haben sofort sämtliche Höhen und Breiten, Tiefen und Schrägen abgemessen und uns sofort diverse Auflagen erteilt von wegen Geländer, damit sich niemand verletzt. Als würden bei uns nur Alkoholiker verkehren—haha—trotzdem haben wir sofort zugestimmt. Immerhin sind wir immer noch nicht richtig versichert, weil Rudi sich nicht entscheiden kann, was alles in die Versicherung hineingenommen werden soll. Den Eröffnungstermin vom Anfang Dezember können wir vergessen. Die Flugzeugsitze werden erst um den 20. 12 geliefert.
2 Tage später: Rudi hat einen Freund aus Amerika, der Videokünstler ist. Der wird – ganz ohne Gesellschaftsbeschluss- eine Videoinstallation im schiefen Raum machen. Dazu brauchen wir aber 6 Fernseher. Rudi schnorrt bei all seinen Freunden. Sein eigener Fernseher ist leider schon zu alt. Blöderweise hat er mitbekommen, dass ich einen Farbfernseher zu Hause stehen hab. Ich hätte ihn nie in meine Wohnung lassen sollen. Rudi meint, dass ich in den nächsten Monaten sowieso keine Zeit haben werde um fernzusehen.
Anfang Dezember: Kirk- der Videokünstler – hat jetzt alle Fernseher und Videorecorder angeschlossen. Lange Kabeln führen vom schiefen Raum in Richtung Theke- wenn man mit dem Fuß hängen bleibt- funktioniert einer der Fernseher nicht. Ich frage mich, wie man das den Gästen beibringen soll, sich nicht in der Nähe der Kabel aufzuhalten. Heute gab es einen Probedurchlauf. Wir mussten uns – noch ohne Sitze- in den schiefen Raum setzen und uns den Film anschauen. Ich war enttäuscht. Das ist gar kein richtiger Film. Nur der rote Platz von Moskau, ein paar russische Tauben, Leute mit Einkaufstüten und wieder der rote Platz. Scheinbar will Kirk ein amerikanisch- russisches Problem aufarbeiten. Ich frage mich nur welches?? Und: muss er dazu meinen Fernseher verwenden?
4 Tage danach: Jetzt geht’s dem Endspurt zu. Kirk ist noch mal nach Russland geflogen – vielleicht hat eine der Tauben doch zu europäisch ausgesehen. Die Boxen für die Anlage wurden installiert. Das kleine Kraftwerk funktioniert ab und zu und wir haben Musik zur Arbeit. Herbie ist einmal von der Leiter gefallen und arbeitet nur noch als Bodenpersonal. Alle finden mich blöd, weil ich mich weigere auf Leitern zu steigen. Scheinbar muss man erst offene blutige Wunden vorweisen, um sich dem Lokal würdig zu erweisen. Othmar hat sich unlängst in den Unterarm gebohrt. Ob das ein Versehen war?
Eine Woche später: Die Grobarbeiten sind fertig. Allerdings fehlt die Inneneinrichtung. Bin heute mit Herbie zum Ikea gefahren um Sessel und Tische zu kaufen. Es gab nur noch 3 schwarze Ted-Stühle. Also mussten wir mit nur 50%-iger gesellschaftsmäßiger Entscheidungsfähigkeit eine andere Farbe wählen. Das war wirklich ein Problem. Herbie hat gemeint ihm sei es egal. Ich wollte es aber nicht auf mir alleine sitzen lassen, wenn es zu einer farblichen Fehlentscheidung gekommen wäre. Am liebsten hätte ich gehabt, dass er mir einen Zettel unterschreibt auf dem er seine Mitverantwortung kund tut. Schließlich haben wir uns für 12 blaue und 12 rote Sessel entschieden. Den Rest haben wir in neutralem Weiß gekauft. Als wir die Sessel dann geliefert haben, hat Rudi in weinerlichem Ton gefragt, warum wir keine gelben Sessel gekauft hätten. Schließlich ist gelb seine Lieblingsfarbe. Unlängst ist er mit einer schwarz-gelb quer gestreiften Hose gekommen, die er auch zur Eröffnung anziehen will.
15. Dezember: Habe mir noch mal 100 000 Schilling von meinem Dealerfreund ausgeborgt. Immerhin sollten wir auch die Getränke einkaufen und bezahlen. Othmar ist ein Schatten seiner selbst. Er spricht kaum noch in ganzen Sätzen und hat unlängst nach einem Streit mit Rudi das liebe kleine Miniaturlokal zerstört. Jetzt hab ich nix mehr zum Spielen. Ich habe ganz vergessen, dass es auch noch ein Leben neben dem Lokal gibt. Zum Beispiel ist bald Weihnachten. Werde Othmar eine Großpackung Valium schenken. Wir haben jetzt den absolut endgültigen Eröffnungstermin festgelegt. Es wird der 30.12. sein. Diesmal muss es klappen. Herbie hat festgestellt, dass er viele seiner Freunde seit Monaten nicht gesehen hat. Die Flugzeugsitze sind überraschender Weise schon geliefert worden. Christian montiert und montiert. Dauernd rollen ihm die Schraubenzieher und Schrauben davon. Habe heute mal zur Sprache gebracht, dass wir vielleicht auch Gläser brauchen und Besteck. Diesmal geb ich nix aus meiner Wohnung her.
17. Dezember: Die Bierfirma hat heute die Schankanlage montiert. Das erste Fass haben wir gratis bekommen und am Abend war es auch schon leer. Ich habe versucht zu rechnen und den anderen zu erklären, dass wir somit einen Verlust von 3600 Schilling gemacht haben. Irgendwie wollte das keiner hören. Die lustigen Leute von der Tischleier haben festgestellt, dass Bier genauso törnt wie Haschisch. Abends sammle ich Plastikbecher mit Bierresten ein. Wir haben zusätzlich festgestellt, dass wir keine Kühlschränke haben. Herbie gibt den alten Kühlschrank seiner ebenfalls alten Mutter her. Die bekommt ihr Essen sowieso auf Rädern und braucht den Kühlinger nicht, wie er sagt. Ich muss jetzt täglich Kühlschränke führen, weil mein Auto das größte ist, und weil ich die anderen nicht betrunken mit meinem Auto fahren lassen wollte. Bin also selber schuld.
19.Dezember. Fühle mich sehr unweihnachtlich. Habe Angst. Nicht vorm 24. sondern vorm 30. Herbie nimmt seit Tagen Kassetten auf und ist kaum ansprechbar. Kassetten wären wichtiger als Getränke besorgen, meint er. Wir mussten uns heut einigen welche Spirituosen wir anbieten werden. Scharlachberg sei wichtig für einen Freund von Herbie. Jonny Walker sei für Rudi, Herbie braucht Tequila, Othmar braucht dringend Pernod – als ich Eierlikör eingeworfen habe, wurde ich ausgelacht. Wenigstens konnte ich mich bei Almdudler durchsetzen. Mir ist es peinlich Getränke einzukaufen, die ich nicht mal richtig aussprechen kann. Heute wurde der Sekt geliefert und musste bar bezahlt werden. Ich war die einzige, die noch Geld in der Brieftasche hatte. Ganz schön teuer diese 100 Kisten- und irgendwie auch sehr viel. Herbies kleine Freundin hat sich gleich draufgestürzt und 2 Flaschen mit nach Hause genommen. Herbei hat für seine alte Mutter auch eine Kiste genommen. Othmar wollte einen Freund mit einer Kiste überraschen und Rudi ist heut Abend auf einer Party eingeladen bei der er nicht mit leeren Händen ankommen wollte. Als ich später die Kisten gezählt habe, waren es nur noch 93. Irgendwann werde ich über dieses Problem reden müssen.
20. Dezember: Habe heute das Thema „Schwund“ angeschnitten. Alle haben gelacht und gemeint, ich solle nicht so pingelig sein. Man wird sich doch wohl noch ein kleines Fläschchen Sekt gönnen dürfen. Haben zu Hause 2 Flaschen Cola in meinem Kühlschrank entdeckt. Habe ich die wirklich selbst mitgehen lassen???
24. Dezember: Wir haben uns heut gegenseitig feierlich frei gegeben. Othmar und ich haben ausnahmsweise in ganzen Sätzen miteinander gesprochen. Als wir dann abends ein Gläschen Wein trinken wollten haben wir bemerkt, dass wir nichts zu Hause haben. Sind schnell in die Blue Box gefahren. Haben dort Rudi und Herbie getroffen, die gerade auf dem Weg zu ihren Familien waren und sich mit Getränken eingedeckt haben. Haben beschlossen über dieses Problem nach Weihnachten zu sprechen.
27. Dezember: Nur noch 3 Tage bis zur Eröffnung. Das Säubern des Bodens dauert länger als geplant. Ich muss täglich dreimal wischen. In der Zeit, sollte aber niemand üben den Boden latschen. Ist natürlich unmöglich. Habe Unmengen an Einladungen verschickt. Die Adressenliste hat Rudi irgendeinem Freund abgeschwatzt. Bin mir toll vorgekommen, dass ich an Leute wie Hansi Hölzl und Stefan Weber eine Einladung schicke.
28.Dezember. Haben heute einen Dienstplan aufgestellt. Dabei mussten wir bemerken, dass wir noch keine Kellnerbrieftaschen haben. Außerdem brauchen wir Wechselgeld. Ich will nicht schon wieder mein eigenes Geld hergeben.
Wir sind auch draufgekommen, dass das Telefonkabel viel zu kurz ist. Wenn also ein Gast telefonieren will muss er in der Küche stehen. Ob das mit der Weisung der Magistratsbeamten konform geht, dass sich keine betriebsfremden Leute in der Küche aufhalten dürfen, weiß ich nicht. Haben heute den ganzen Tag komische Geräusche aus einem Kühlschrank gehört. Herbie hat dann festgestellt, dass der alte Kühlschrank seiner Mutter ein Tiefkühler ist. Mussten 36 Flaschen Sekt als Schwund hinnehmen. Die sind alle tief gefroren und gesprungen.
28.12. Herbie hat heut bemerkt, dass wir einen Zigarettenautomaten bräuchten. Warum hat niemand vorher dran gedacht?
29.12. Heute wollten wir uns einen Toast machen. Immerhin haben wir einen Toaster in der Küche. Sind dann draufgekommen, dass wir keine Teller haben. Und auch kein Ketchup. Werde von zu Hause eins mitnehmen. Das mit den Tellern werde ich noch ausdiskutieren. Ich will neue. Dafür hab ich heute 30 Kisten Rose gekauft. Wieder mal hab ich völlig daneben gegriffen. Angeblich trinkt keine Sau rose. Wir sollten eine Getränkekarte haben.
30. 12.
Die Eröffnung war ein Chaos. Als das Lokal schon ziemlich voll war, sind wir draufgekommen, dass die Leitern noch herumstehen. Die haben sich schon so in das Bild geprägt, dass sie uns nicht mehr als Fremdkörper vorgekommen sind. Die Kühlanlage hat nicht funktioniert und das Bier war lauwarm. Es gab keine Eiswürfel. Immerhin ist es tiefster Winter und keiner hat daran gedacht. Jeder hat „Wo- ist???“ gefragt. Keiner hat eine gültige Antwort geben können. Ich habe nix getrunken und mir die verschiedenen Trunkenheitsgrade der Leute mit ansehen müssen. Rudi und Herbie sind sich irgendwann in die Arme gefallen. Othmar hat gesoffen bis zum Abwinken. Um 4 Uhr bin ich nach Hause gefahren und ins Bett gefallen. Habe von einer kuscheligen Wollstube geträumt. Es war ein schöner Traum. Morgen ist Silvester – ob dann alles anders wird?
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